Mission Mystik – [siebente Betrachtung]

Alles Leid kommt her von Liebe und Zuneigung
(M.Eckhart)

Liebe und Zuneigung basieren zum großen Teil auf dem Prinzip der Ähnlichkeit. Man sagt ja auch: Gleich und Gleich gesellt sich gern.  Gleich und Gleich, aber auch gleich und Ungleich. Gegensätze ziehen sich an – ein ebenso bekannter Spruch den viele von uns ebenso schon oft gehört haben.

Ähnlichkeit und Unähnlichkeit  bedingen in gewisser Weise Harmonie und Disharmonie. Ein Kontrapunkt etwa ist an sich zwar die “Gegenstimme” zu einer bestimmten Melodie, er bewirkt aber in dem Sinne keine Disharmonie. Er hat seinen eigenen Sinn, seine eigene musikalische Gesetzmäßigkeit, seine eigene Melodie – ja, man könnte sagen, seine eigene Mission. Und gerade deshalb bildet er eine der Stützen dafür, daß er vom Hörer der Musik als Bereicherung empfunden wird: er geht seinen eigenen Weg, parallel zu, einer Melodie die schon ihren eigenen Weg geht. Der Kontrapunkt als Inspirationsquelle eines Liedes wenn man so will.

So kommt es, daß man Dinge, Geschöpfe entweder deshalb sehr liebt, weil sie uns in ihrer Ähnlichkeit vertraut erscheinen, oder darum lieb gewinnt, weil sie einen Kontrapunkt zur eigenen Lebensmelodie bilden.

/*Das ich als Mensch andere Menschen liebe, ist also kein großes Wunder. Aber wie sieht das mit etwas völlig anderem als dem was mir ähnlich ist aus?*/

In der Theologie sagt man dazu: Gott sei der ganz andere. Und in der Tat ist das auch das einzige was sich, kraft der menschlichen Vernunft sinnvoll über Gott aussagen lässt: Er ist irgendwie anders – als wir ihn uns vorstellen. 

Genau das führt uns zu einem der spannendsten Punkte der christlichen Gottesbeziehung: Meine Beziehung als Mensch zu Gott ist eine Liebesbeziehung. Und sogar noch mehr. Gott ist für uns nicht nur ein Gegenüber mit dem es sich gut leben lässt, sondern ist das Element in dem wir leben. Was dem Fisch das Wasser, das ist dem Christen Gott – nicht umsonst war der Fisch das erste Zeichen, das die frühen Christen sich gaben – weit vor dem Kreuz.

Anders – und doch gleich!

Und auch da ist Gott wieder irgendwie anders. Er ist zwar wie das Element in dem wir leben, aber er ist auch wie die Quelle durch die wir leben. Wie es schon am Beginn der christlichen Schöpfungslehre heisst, hauchte Gott seinen Atem in alle Geschöpfe, in denen eine lebende Seele wohnt. Und auch darüber ging Gott hinaus, indem er seinen Geist über der ganzen Fläche des damaligen Urmeeres schweben lies. Es gibt also etwas von Gott: In allen Dingen.

Daher rührt es, daß du erstens Gott in allen Dingen finden kannst – und das es eine übergeordnete Einheit aller Dinge gibt, die der Mensch konkret erleben kann. Dieses Erleben der Einheit aller Dinge ist es, was wir als unio mystica, die das Ziel aller (christlichen) Mystik bildet, bezeichnen.

Genau das meint Eckehart, wenn er betont: Alles Leiden kommt nur dadurch, daß ich die Kreatur mehr als den Schöpfer liebe. Er sagt nicht, wir sollen uns eine Idee von Gott zimmern, die wir dann über alle anderen religiösen Ideen und Vorstellungen erheben. Wir sollen vielmehr Gott in der Kreatur, und die Kreatur in Gott lieben. 

Ein Strom universeller Liebe umgibt uns!

Gott ist wie ein Strom der universellen Liebe. Universell meint: Es gibt keinen Ort an dem Gott nicht ist. Irgendwo heisst es dazu ja auch: Und müsste ich in der Hölle schlafen, so wärst du doch da. Was für eine Verheissung!

Gott ist wie ein Band des Lichts, das uns alle eint. Die Kreatur in Gott zu lieben, bedeutet ja nichts anderes als zu erkennen – besser: zu erleben, zu spüren, zu erfahren – das zwischen mir und dir, keine Trennung ist. Ich beginne nicht erst dort, wo du endest. Du endest nicht dort, wo ich beginne. Wir beginnen hier. Wir enden hier. Ohne Anfang, ohne Ende, sind wir hier. Im Jetzt.

Darum kommt alles Leid aus Liebe und Zuneigung. Erst wenn ich etwas als außerhalb meiner selbst wahrnehme, kann ich mich ihm zu-neigen. Durch die Äußerlichkeit vermisse ich dann auch die Anwesenheit der geliebten Person, wenn wir uns auf der materiellen Ebene nicht in körperlicher Nähe aufhalten. Gleichzeitig kann ich auch im größten Getümmel, der einsamste Mensch sein. Wenn ich nur mir selbst ein Ich bin. 

Erfahre ich stattdessen aber, daß Nähe und Ferne nur eine Erscheinungsform meiner selbst sind, eben weil ich durch Gott eins mit einem in allem bin, haben Ferne und Nähe keine negative Konotation mehr: im Gegenteil. Ich bin die Nähe. Und ich bin die Ferne. Warum sollte ich also leiden, wo ich nur bei mir selbst bin?

+++ Mehr kommt bald +++

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